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Leipziger Volkszeitung

30. Oktober 2007

Jung: „Bürgerbegehren ohne Belang“

Stadtwerke-Verkauf: Vier endgültige Angebote / Entscheidung voraussichtlich im Dezember

 
Noch liegen die Listen mit den mehr als 25 000 Unterschriften Leipziger Bürger gegen den Stadtwerke-Teilverkauf nicht mal im Rathaus zur rechtlichen Prüfung vor, da ist für Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) schon jetzt eines völlig klar: Er pfeift auf die Gegner seiner Privatisierungspolitik. „Für die Entscheidung des Stadtrates“, sagte Jung gestern, „ist das Bürgerbegehren ohne Belang.“ Grund: Das Anliegen, über das die Einwohnerschaft anstelle des Stadtrates entscheiden soll, sei viel zu breit gefasst. Das Bürgerbegehren zielt darauf ab, die Privatisierung von gleich sieben Stadtfirmen ein für allemal zu verhindern. Jung: „Da dürfte die LWB nicht mal eine Wohnung verkaufen.“ Daher halte er „unbeirrt“ daran fest, den Stadtrat am 12. Dezember über die Teilprivatisierung der Stadtwerke abstimmen zu lassen.

Bis zum Freitag seien „vier notarierte Angebote“ der zum Verkauf stehenden 49,9 Prozent der Stadtwerke-Anteile eingegangen. Namen von Investoren nannte Jung nicht. Dem Vernehmen nach kamen von den anfangs gut zwei Dutzend nur noch vier Bieter in die Finalrunde: der französische Mischkonzern Veolia, der baden-württembergische Energieriese EnBW, der französische Staatskonzern Gaz de France und die belgische Stromfirma Electrabel. Die beiden Letztgenannten gaben während des Bieterverfahrens ihre Fusion bekannt, sollen aber getrennte Gebote eingereicht haben.

Die Auswertung der Offerten läuft durch das mit der Vorbereitung der Transaktion beauftragte Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG. Beobachter gehen inzwischen von einem Kaufpreis um die 400 Millionen Euro aus. Das wären 50 Millionen Euro mehr als erwartet. Davon haben Jung und die SPD 244 Millionen Euro für den Stadthaushalt schon verplant – zum Schuldenabbau und für Investitionen in Schulen und Kindergärten (die LVZ berichtete).

Nach LVZ-Informationen will der Unterhändler der KPMG der Geschäftsführung des städtischen Dachkonzerns LVV, zu dem die Stadtwerke gehören, schon in den nächsten Tagen einen Übernahmekandidaten für die Stadtwerke-Anteile empfehlen. Für Freitag nächster Woche wurde der Aufsichtsrat der LVV einberufen. Einziger Tagesordnungspunkt: die Teilprivatisierung der Stadtwerke. Zuvor will Jung noch die Lenkungsgruppe des Stadtrates wiederbeleben und ihr den Vorschlag präsentieren. Das eigens zur Überwachung des Privatisierungsprozesses gebildete Gremium mit Vertretern aller Fraktionen hatte Jung gleich zu Beginn des Bieterverfahrens kalt gestellt, nachdem erste Details des geheimen Verfahrens öffentlich wurden. Bis zur Entscheidung sollen die Stadträte nun sogar die Gelegenheit bekommen, die geheimen internen Verhandlungsdaten einzusehen.

Grünen-Stadtrat Roland Quester bezeichnete Jungs Kurs als abenteuerlich. Der Stadtrat sei bislang vollständig von Informationen und Unterlagen abgeschnitten. Quester verwahrte sich gegen die Erwartung, der ehrenamtlich arbeitende Stadtrat könnte innerhalb weniger Wochen eine Verkaufsvorlage „zum wichtigsten Vermögen der Stadt“ verantwortungsvoll prüfen und entscheiden. Diejenigen, die dazu bereit seien, „handeln verantwortungslos“, so Quester.

Grüne und Linkspartei kündigten bereits an, sich zu verweigern. SPD, CDU und FDP brachten den Privatisierungszug zwar in Gang. Doch die CDU hat ihre Zustimmung an eine Teilprivatisierung der LVV geknüpft (die LVZ berichtete). Im Sommer kündigte Jung noch an, zeitgleich zum Stadtwerke-Teilverkauf auch einen Vorschlag zur Teilprivatisierung der städtischen Firmenholding zu unterbreiten. Inzwischen ist nur noch die Rede von einem Gutachten, das Chancen und Risiken darstellen soll. Den Inhalt des Papiers soll Jung bereits kennen: Ein LVV-Teilverkauf, heiße es darin, macht keinen Sinn.

Klaus Staeubert