Der Teilverkauf der Stadtwerke ist für die
Sozialdemokraten offenbar beschlossene Sache. Nachdem die
SPD-Nachwuchsorganisation Jusos vor zwei Monaten die Privatisierung noch
abgelehnt hatte, sieht Fraktionschef Axel Dyck jetzt „eine sehr große
Geschlossenheit" innerhalb der SPD.
Mit Stimmen von CDU und FDP/Bürgerfraktion dürfte damit
am 14. November ein Verkaufsvorschlag von Oberbürgermeister Burkhard Jung
(SPD) den Stadtrat passieren. Zudem unterbreitete die SPD gestern
Vorschläge über die Verwendung des Veräußerungserlöses. 244 Millionen Euro
müssten nach den Worten von Dyck direkt in den Stadthaushalt fließen. Es
ist genau die Summe, die die kommunale Dachgesellschaft Leipziger
Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (LVV), unter der Stadtwerke,
Wasserwerke und Verkehrsbetriebe firmieren, der Kommune noch schuldet. Das
Darlehen hatte die LVV bei ihrer Gründung in den Neunzigerjahren
aufgenommen. Zuletzt zahlte sie davon 13 Millionen Euro jährlich zurück.
Das Ziel der Privatisierung, so Dyck, ist „eine vollständige Tilgung des
Gesellschafterdarlehens". Alles, was der Verkauf darüber hinaus einspielt,
könne die LVV zur Entschuldung oder für Investitionen einsetzen.
Branchenkenner beziffern den Wert des ausgeschriebenen Anteilspakets von
49,9 Prozent auf 350 Millionen Euro.
Im Stadthaushalt wollen die Sozialdemokraten 112
Millionen Euro in den Abbau von Investitionskrediten (derzeit 900
Millionen Euro) stecken. Mit weiteren 30 bis 60 Millionen Euro seien
Defizite aus früheren Jahren und eventuell noch bis 2009 auflaufende
Fehlbeträge auszugleichen. „Die dann verbleibenden rund 70 Millionen Euro
wollen wir konsequent im Schul- und Kindertagesstättenbereich zum Abbau
des bestehenden Investitonsstaus, zur Stadtteilsanierung und in die
Infrastrukturförderung zur Ansiedlung von Unternehmen einsetzen", erklärte
Dyck.
In diesem Jahr investiert Leipzig in Kindertagesstätten
6,5 Millionen Euro. Der Bedarf liegt bei 58 Millionen Euro. Im
Schulbereich sind noch 156 Millionen Euro nötig. Noch ließe sich durch
Fördermittel jeder Euro verdreifachen. „Das heißt, mit zehn Millionen Euro
aus dem Verkaufserlös können Investitionen von rund 30 Millionen Euro in
der Stadt erfolgen", sagte Dyck. Um Unternehmen hierher zu ziehen, müssen
ebenfalls Vorsorge getroffen werden. Seit der BMW-Ansiedlung gebe es kaum
noch große zusammenhängende Flächen. Der Wettbewerb um Investoren setze
zudem voraus, dass die Stadt ihre Infrastruktur ausbaut. „Dort brauchen
wir ein Polster, wir müssen eine strategische Reserve bilden", so Dyck.
Bestrebungen, die über eine Privatisierung von
Stadtwerken und LVV hinausgehen, erteilte die SPD eine Absage. „Alles
Gerede über einen Verkauf des Krankenhauses St. Georg und der Wohnungs-
und Baugesellschaft ist Quatsch", erklärte Stadtrat Christian Schulze,
„dafür steht die SPD nicht zur Verfü- gung."
Klaus Staeuber