Stoppt den Ausverkauf unserer Stadt!  
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Leipzigs Neue

07. September 2007

Warum den Ausverkauf stoppen?
 

In schlechten Zeiten muss man sich von seinem „Tafelsilber“ trennen. In der Zeit nach dem 2.Weltkrieg konnte von Glück reden, wer dergleichen zum Tausch gegen Lebensmittel oder andere lebensnotwendige
Dinge anbieten konnte. Man lebte von der Hand in den Mund. Viele Dinge haben so den Besitzer gewechselt. Bis zum Verkaufen nichts mehr da war. In dieser Hinsicht mag man eine Parallele zu heute ziehen: Auch heute wechseln viele Dinge den Besitzer – zum Beispiel Stadtwerke, Wasserwerke und Wohnungsgesellschaften. Sie werden verkauft, weil vermeintlich nichts anderes mehr zum „Konsumieren“ und zur Tilgung der „erdrückenden“ Schuldenlast übrig bleibt. Nur, was dann?

Sicher, niemanden kann ein Schuldenberg von 900 Mio. €, der allein bei der Stadt Leipzig aufgelaufen ist, sorgenlos in die Zukunft schauen lassen. Das eine oder andere Großprojekt der Stadt (wenn auch oft hoch bezuschusst), aber vor allem die Unausgewogenheit von kommunalen Pflichtaufgaben einer Großstadt wie Leipzig und deren Finanzierung haben zu dieser Situation geführt. Um schnelle Abhilfe zu schaffen, gibt es ein beliebtes Patentrezept: Privatisierung. Teilweiser oder vollständiger Verkauf kommunaler Unternehmen
und Betriebe, „Beteiligungen“, wie es so schön heißt, „Tafelsilber“ eben.

In Leipzig geht es zunächst um einen Anteilsverkauf der Stadtwerke Leipzig GmbH (SWL). Laut OBM steht dabei die Suche nach einem „strategischen Partner“ im Vordergrund und es handelt sich ja „nur“ um 49,9% der Anteile. Allein dieser Plan wirft zahlreiche Fragen auf: Hat ein Anteilseigner mit 49,9% nicht praktisch ein Vetorecht in allen wichtigen Entscheidungen? Welcher der Bieter hat wirklich ein Interesse an starken, eigenständigen Stadtwerken, die sich mit speziellen Dienstleistungen und mit regenerativer Energieerzeugung profilieren? Wird bei der Steuerung der Stadtwerke über den Aufsichtsrat nicht zu befürchten sein, dass ein privater Anteilseigner am Tisch den bereits nicht übermäßig ausgeprägten Hang zu Transparenz und demokratischer Kontrolle eher dämpfen wird? Es gibt für diese Fragen bereits Antworten, man muss nicht einmal nach Berlin oder Düsseldorf schauen, sie sind schon in Leipzig beantwortet worden. Schließlich ist es nicht so lange her, dass die MEAG (envia-m) bzw. RWE an den Stadtwerken beteiligt waren. Weder die versprochenen Arbeitsplätze kamen nach Leipzig noch nutzten diese „strategischen Partner“ der Entwicklung der SWL.

Es scheint recht offenkundig, dass der OBM und die Fraktionen, die er um sich scharen kann, mit dem Erlös (man spricht von 350 Mio. €) den Haushalt kurzfristig konsolidieren und die Schuldenlast verringern möchten (112 Mio. € Rückzahlung). Aber es soll nicht dabei bleiben: Schon 2008 soll die städtische Holding LVV umgebaut und teilprivatisiert  werden. Bereits der Anteilsverkauf der SWL gefährdet durch den Gewinnausfall in Höhe von ca. 25 Mio. € die Querfinanzierung der LVB. Ein Verkauf von Anteilen der LVV darüber hinaus würde wesentliche Teile der kommunalen Daseinsvorsorge privaten Gewinninteressen unterwerfen. Kein Konzern will Geld nach Leipzig tragen! Dienstleistungen wie Nahverkehr und Wasser-/Abwasserversorgung müssen nun einmal erbracht werden und sie stellen in der Regel natürliche Monopole dar. Nach allen Regeln der Betriebswirtschaft wollen Unternehmen, die in diesen Segmenten tätig sind, Gewinne machen.

Wenn selbige nicht mehr den Leipzigerinnen und Leipzigern gehören, fließen diese Gewinne aus der Stadt ab. Und wenn – wie beim öffentlichen Nahverkehr – ein angemessener Preis nur mit Subventionen zu halten ist, werden die Bürgerinnen und Bürger der Stadt diese aufbringen müssen. Dabei macht es schon einen Unterschied, ob sie zusätzlich Gewinne für einen privaten Teilhaber finanzieren müssen oder nicht. Ganz abgesehen davon, dass bei (auch nur teilweiser) Privatisierung die wichtigen Entscheidungen nicht mehr in unserer Stadt getroffen werden, sondern in Konzernzentralen anderswo bzw. nach Finanzmarktkriterien.

Es geht um die notwendig zu erbringenden Versorgungsaufgaben der Stadt und eben nicht um „Tafelsilber“. Wenn die kommunale Daseinsvorsorge privatisiert wird, müssen wir – um im Bild zu bleiben – für den Teller, von dem wir essen, auch noch bezahlen. Deshalb: Stoppt den Ausverkauf unserer Stadt! (www.buergerbegehren-leipzig.de)

Wolfgang Franke